Schützentrachten 

Zu den ältesten Trachten gehören wohl die Trachten der Schützen und der Musikkapelle von Ried im Oberinntal. Sie tragen als Hut einen Dreispitz und einen blaugrünen Frack. Diese Tracht wurde anhand eines Bildes der Lorettakapelle in Ried rekonstruiert. Sie stammt aus der Rokokozeit und ist ein deutlicher Beweis, wie stark die Mode, die in der Stadt gepflegt wurde, auf die ländlichen Trachten eingewirkt hat. Sie kam hauptsächlich aus Paris. Von den Eroberungszügen Ludwig XIV. wehte militärischer Geist in die Mode der Herren. Elegant kleidet sich der Offizier, leicht und unbeschwert, umspielt von den Kurven und vom Glanz seines Gewandes. Zur Vollständigkeit gehörte die Perücke und eine mächtige Puderwolke. Entsprechend war die Bekleidung der Frauenwelt. Die Bauern am Lande trugen dafür lange Haare, die über den Nacken flossen. Den Frack übernahm man am Land in verschiedenen Formen. In Stadtnähe reichte er bis unter das Knie. In anderen Gegenden, wie zum Beispiel im Ötztal, endete er über den Knien. Die Fatzlkappe stammt auch aus dieser Zeit. Man trug sie im Inntal und im Wipptal. Nach der Rokokozeit wurden hauptsächlich wieder kurze Röcke getragen. So ein Rokokofrack war für das Land immer ein "nobliges Gewand". Da fallen die Befreiungskriege von 1809 hinein. Zu dieser Zeit herrschte der größte Reichtum an Buntfärbigkeit und verschiedenem Schmuck. Es war eine Übergangszeit. Der eigentliche Verfall der Trachten begann 1830 -1850. Bald nach 1830 drang ziemlich allgemein in Tirol, während früher die Trachten örtlich stark verschieden waren, die Biber- bzw. Ottermütze oder einfach Pelzkappe, wie sie genannt wurde, ein. Diese war ein kugelförmiges, mit braunem Pelz umkleidetes Gebilde. Sie erfreute sich nicht allzu langer Beliebtheit. Die Pelzkappe wurde offenbar wegen ihrer Unbequemlichkeit bald von den Unterinntaler Hauben in den verschiedensten Variationen verdrängt. Heute findet man bei Schützen und Musikformationen verhältnismäßig mehr Fatzlkappen, obwohl diese bedeutend älter sind als die Bibermützen. Den letzten Impuls bekam die Trachtenmode in der Biedermeierzeit. Da ließ sich die vornehme Welt am Lande wieder einen langen Rock schneidern, der jedoch im Schnitt von jenem der Rokokozeit verschieden war. In anderen Gebieten, wie im Ötztal, kleidete sich die Bevölkerung mit übermäßig kurzen Röcken, die knapp unter dem Rücken abschlossen.

Die Biedermeierzeit brachte geblumte oder gestreifte Westen, während früher die roten Westen nicht bloß in Tirol, sondern auch in der Schweiz und in Bayern allgemein üblich waren. Vielfach tragen unsere Schützen zur Tracht weiße Strümpfe. Andere sieht man jedoch mit blauen Strümpfen wie die Schützenkompanie Ladis. Heute finden wir nur mehr selten vollständige Trachten. Vieles ist nur mehr bruchstückweise oder aus Abbildungen zu entnehmen. Bei den Schützenkompanien und Musikkapellen tritt die Tracht an die Stelle der Uniform. Dadurch entsteht leicht der falsche Eindruck, früher wären alle Leute gleich angezogen gewesen. Dies war jedoch nicht der Fall. Es bestand je nach Wohlstand des Einzelnen und der verschiedenen Stände ein großer Unterschied in der Kleidung.

Über die Trachten im Bezirk Landeck, die " Viertel Oberinntaler Schützenröcke", kann folgendes berichtet werden: Im Zusammenhang mit der Aufrüstung der Tiroler Wehrkraft unter Erzherzog Maximilian, im Zeichen der aufsteigenden Wirren des Dreißigjährigen Krieges, während man um 1600 ernstlich ein Vorrücken türkischer Scharen über das Drau- und Pustertal in das Herz des Landes befürchtete, erhielten die Tiroler Schützen eigens vorgeschriebene Uniformen. Eine Schneiderrechnung über die Anfertigung von 24 Schützenröcken in Kitzbühel im Jahre 1610 klärt uns über die Beschaffenheit der "Viertel Oberinntaler Schützenröcke" auf. Der erzherzoglichen Verordnung waren Bildtafeln angeschlossen, worin die Schützenröcke für die Oberinntaler Gerichtsbezirke ("Viertel" genannt) Telfs, Silz, Imst, Landeck, Pfunds, Prutz und Reutte besonders gekennzeichnet waren. Ohne Zweifel waren damals auch den übrigen Tiroler Gerichtsbezirken Vorlagen zu Schützenröcken zugegangen, die von gleicher Beschaffenheit waren. Aus der Zeichnung konnte man ersehen, daß es sich beim Schnitt dieser Röcke um schenkellange Hemden mit einfachem Halsausschnitt handelte. Letzterer dürfte, der damaligen Mode folgend, durch einen leinenen Spitzenkragen, auch Schwedenkragen genannt, verdeckt gewesen sein. Die vorgeschriebene Länge des als "Oberkleid" getragenen Hemdes war auf der Bildtafel eigens vermerkt. Dieses "Röckl" soll 15 Ellen und ein Viertel lang sein.

Die Tiroler Schützentracht aus dem 16. Jahrhundert (laut Anordnung des Kaisers Maximilian) bestand aus dem Tiroler Schützenrock, weißen Halsrüschen, grünem Wallensteinhut (breitkrempiger Filzhut mit Federn), schwarzen Kniehosen und weißen Strümpfen und festen Halbschuhen. Die Hahnfeder am Hut galt und gilt als Zeichen der Mannhaftigkeit. Sie gehört auch heute noch zur Schützentracht. Wenn früher breitkrempige Hüte bevorzugt waren, so wurden später andere Formen getragen. Das Material zu den Schützenröcken war aus lichtem, roten, offenbar hellroten Wollstoff.

Die Schützentracht von Prutz und Reutte enthielt das Habsburgische Andreaskreuz, welches Maximilian aus dem Burgundischen Orden vom "Goldenen Vließ", den er bekanntlich zum Habsburgischen Hausorden erhob, entnahm. Aus diesem Orden stammen auch die zu den Feuereisen gehörigen Flammenzungen in den Trachten von Prutz und Silz. Sie drückten ohne Zweifel die Zugehörigkeit der Tirolerischen Viertelgerichte zur habsburgischen Gerichtsbarkeit aus.

Im Jahre 1766 trugen die Männer bei kirchlichen oder feierlichen Anlässen rote, bis an die Knie reichende Röcke, ebensolche Leibchen, schwarze Hosen und weiße Strümpfe. Die Bauernkleidung von Landeck bestand damals aus einem roten Rock mit großen weißen Knöpfen, weißem Halskragen und schwarzen Hosen. Auch trugen sie damals schon den Wams, der das Hemd ersetzte. Er bestand aus dunklem Loden mit rot ausgeschlagenem Halsausschnitt, ganz schmalem gleichlaufendem Brustaufschlag und Ärmelstulpen.

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